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Lidl vs. Werkhof

 

Kapitel 1: Die Beteiligten und Betroffenen

Anfang November 2016 wurde erstmals durch Pressemeldungen öffentlich, dass Lidl in die Halveraner Innenstadt umziehen möchte. Da Lidl aber einen Platz im neuen Einkaufszentrum am ehemaligen Bahngelände verpasste, bleibt dafür nur das ehemalige Wippermann-Areal hinter der Polizeiwache, auf dem sich aber das gut eingeführte und weit über die Grenzen Halvers beliebte Sozialkaufhaus Werkhof befindet. Trotz zahlreicher Proteste und gegen den Willen der Stadt Halver will Lidl augenscheinlich mit allen Mitteln zu diesem Standort wechseln. Zu Lasten des Sozialkaufhauses Werkhof und zu Lasten sozial schwacher Bürger wie Hartz-IV-Empfänger, Flüchtlinge und von Alters- und Kinderarmut betroffener Personen. Hier eine ausführliche Information über die Fakten – bis zum bitteren Ende.

Lidl – Der profitorientierte Discounter

Die heutige Discounter-Kette Lidl wurde 1978 durch Dieter Schwarz gegründet. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seit Gründung seines ersten Discountergeschäfts im Jahr 1973 bereits 30 Geschäfte, mit denen er allerdings noch am endgültigen Konzept gefeilt hatte. Der profitorientierte Discounter Lidl gehört zur Schwarz-Gruppe, zu der heute auch der Discounter Kaufland gehört, der annähernd das gleiche Programm bzw. Angebot hat. Im Jahr 2017 verfügt Lidl bereits über mehr als 10.200 Filialen in 28 Ländern. Damit ist Lidl nach der Anzahl der Filialen der größte Discounter-Konzern weltweit. Mit seinen 131.456 Mitarbeitern (Stand 2015/16) erwirtschaftete Lidl einen Umsatz von 38,277 Milliarden Euro (Stand 2015/16). Am 3. März 2022 eröffnete Lidl seine ersten acht Filialen in Estland. Damit ist Lidl jetzt auch im Baltikum vertreten. Estland ist inzwischen das 31. Land, in dem es Lidl-Filialen gibt.

Die Schwarz-Gruppe ist der größte Handelskonzern Europas und der viertgrößte Handelskonzern der Welt. Im Ranking der 500 größten Familienunternehmen der Zeitschrift „Wirtschaftsblatt“ nahm die Schwarz-Gruppe 2013 den ersten Platz ein. Nach einer im August 2017 veröffentlichten Pressemeldung ist der Lidl-Gründer Dieter Schwarz nach den Berechnungen des Wirtschaftsmagazins „Bilanz“ mit einem Vermögen von 37 Milliarden Euro der reichste Deutsche.

Nach neuestem Stand im September 2019 knackte die Schwarz-Gruppe im vergangenen Geschäftsjahr die 100-Milliarden-Marke beim Umsatz. Die Anzahl der Mitarbeiter in der gesamten Schwarz-Gruppe betrug zu diesem Zeitpunkt rund 429.000 Mitarbeiter. Im Gegensatz zum Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ (2017 = 37 Milliarden) wird er vom US-Magazin „Forbes“ 2019 „nur noch“ auf 17 Milliarden Euro geschätzt. Das entspräche in Etwa der Summe von 19 Milliarden US-Dollar. „Forbes“ führt ihn in der Liste der weltweiten Milliardäre auf Platz 36.

Dieter Schwarz ist ein Mann verheirateter Mann mit zwei Kindern. Es existieren kaum Fotos von ihm, so dass er sogar in seiner Heimatstadt Heilbronn unerkannt einkaufen gehen kann. Selbst begründet er seinen eigenen Wunsch nach solcher Anonymität mit so spektakulären Entführungsfällen wie beispielsweise den des Aldi-Gründers Theo Albrechts (1971) oder den der Kinder des inzwischen pleitegegangenen Drogeriemarktgründers Schlecker (1987).

In der Vergangenheit geriet Lidl bereits häufig in die Negativschlagzeilen. Oft ging es dabei um das Verhältnis zu den Mitarbeitern, das oftmals als besonders krass und herabwürdigend geschildert wurde. Aber auch mehrmals wurde der Discounter von den Gerichten wegen „Lockvogelangeboten“ verurteilt und bei seinem Eintritt in den tschechischen Markt im Jahr 2003 war dies durch Affären um die Abholzung geschützter Bäume in den Medien angeprangert worden. Die neuesten Negativschlagzeilen machte Lidl Anfang September 2017. Für die Vermarktung griechischer Produkte der Lidl-Marke „Eridanous“ hielten Kirchenbauten der beliebten Urlaubsinsel Santorin als Abbildung auf den Verpackungen her. Soweit, so gut, wären da von Lidl nicht die Kreuze auf den Kuppeln und Türmen wegretuschiert worden. Das sorgte für Empörung, nicht nur in Deutschland, nachdem ein belgisches Nachrichtenportal auf die Retusche aufmerksam wurde und darüber berichtete. Vor allem auf Twitter und Facebook sorgte dies für großen Wirbel und Kritiken kamen selbst aus Politik und Kirchenkreisen.

Nach der großen internationalen Protestwelle reagierte Lidl mit neuen Motiven. Nun zieren die Eridanous-Produkte andere, unverfängliche Bauwerke ohne Kreuze das Produkt. Dies musste ich in dem Lidl-Prospekt, der ab dem 30. April 2018 gültig ist, feststellen. Lidl hat sich da mal wieder „geschickt“ aus der Affäre gezogen. Doch gleichzeitig hat sich der Discounter auf die Stufe der Drogeriekette Müller gestellt, die schon ihren Mitarbeitern das Tragen von Kreuzen oder anderen christlichen Symbolen an Kettchen verbot! Trotz des inzwischen augenscheinlich beigelegten Standortkonfliktes mit dem Werkhof in Halver verbleibt deswegen beim Lidl-Einkauf ein etwas fader Beigeschmack.

Nachdem Lidl immer wieder in die Negativ-Schlagzeilen geraten ist, will sich die Schwarz-Gruppe als Betreiber der Handelsketten Lidl und Kaufland in Deutschland nun von einer besseren Seite zeigen. Am Donnerstagabend, dem 3. Dezember 2020, kündigte die Schwarz-Gruppe als Lidl-Betreiber nach einem Dringlichkeitsgipfel mit den Spitzen des Handels und der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) an, im Jahr 2021 eine Summe von 50 Millionen Euro über die Initiative Tierwohl der Landwirtschaft als Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Dies solle insbesondere auch als Hilfe in Zeiten von Corona-Pandemie und Afrikanischer Schweinepest sein. Zuvor hatte es bundesweit heftige Bauernproteste gegen die Preispolitik im Einzelhandel gegeben. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sagte am Freitag (04.12.2020): „Dieses Angebot ist zwar eine nette Geste, aber diesen Betrag verlieren unsere Bauern fast wöchentlich. Eine grundlegende Veränderung in der Zusammenarbeit zwischen den Bauern und dem Handel ist notwendig.“ Die Bauern bezeichneten das „Lidl-Angebot“ als Trostpflaster und forderten eine deutliche Selbstverpflichtung des Lebensmittelhandels zum Ausstieg aus der „Dauerniedrigpreiskultur“. Zudem erhöhte Lidl die Preise für Schweinefleisch im Dezember 2020. Dies wurde Ende Januar/Anfang Februar 2021 jedoch wieder rückgängig gemacht. Den Grund dafür gab Lidl wie folgt an: Die Preisentwicklung seit Dezember 2020 hat gezeigt, dass der Markt (die anderen Discounter und Supermärkte) dem Beispiel von Lidl nicht gefolgt ist. Dadurch entstand Lidl ein erheblicher Wettbewerbsnachteil. Deshalb muss Lidl ab sofort den Preis für Schweinefleisch wieder dem Markt anpassen. Ob dies auch Auswirkungen auf die von Lidl versprochenen 50 Millionen für das Tierwohl hat, muss abgewartet werden.

Der Werkhof – Ein Sozialkaufhaus

Der Werkhof als Sozialkaufhaus geht aus einem Kulturprojekt in den 1980er Jahren zurück. Erst mit der Übernahme des städtischen Möbellagers in Hagen, im Jahr 1998, entstand in Hagen-Eckesey in der ehemaligen Villosa-Bonbonfabrik das allererste Sozialkaufhaus Werkhof. Es hatte den Anspruch der Nachhaltigkeit und der Wiederverwendung, sollte auch sozial benachteiligten Menschen eine Hilfe bei Anschaffungen bieten und zusätzlich  auch den vielen Langzeitarbeitslosen eine erste Beschäftigung und Qualifizierung geben. Die Idee fand guten Anklang und schon 2006 wurde ein Sozialkaufhaus Werkhof in Iserlohn eröffnet. Nur ein Jahr später dehnte der Werkhof seine Tätigkeit auf den Märkischen Kreis aus und öffnete 2007 auf dem Wippermann-Gelände in Halver, in den ehemaligen Fabrikräumen der früheren Firma Wippermann, eine neue Zweigstelle. Die offizielle Anschrift des Werkhofs lautet: 58553 Halver, Frankfurter Straße 52. Die Öffnungszeiten sind von Montag bis Freitag von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr. In dieser Zeit ist der Werkhof auch telefonisch unter der Rufnummer (02353) 6679310 zu erreichen.

Das System basiert auf dem Gedanken „Wiederverwendung statt wegschmeißen“. Noch gute gebrauchte Möbel und Haushaltsgegenstände aus Haushaltsauflösungen und Spenden werden in den Werkstätten des Werkhofs aufgearbeitet und in den Verkaufsräumen zum Verkauf ausgestellt. Der ausgeschriebene Preis gilt für eine Woche. Wird das Objekt in dieser Zeit nicht verkauft, wird es auf die Hälfte im Preis reduziert. Nach einer erneuten Woche, in der das Objekt immer noch nicht verkauft wurde, geht es dann für nur noch einen einzigen Euro weg. Davon profitieren vor allem die sozialschwachen Menschen, die von Hartz-IV, Alters- und Kinderarmut betroffen sind. Das sind in Deutschland bereits Millionen – Tendenz steigend. Und auch die Flüchtlinge können hier günstige Schnäppchen machen und somit leichter den eigenen Hausstand gründen, wenn sie eine eigene Wohnung zugewiesen bekommen.

Seit dem Frühjahr 2017 gibt es im Werkhof auch eine kleine Cafeteria für die Kunden. Diese wurde im Bereich der früheren Bücherei eingerichtet. Etliche Kunden verabreden und treffen sich hier zum Plausch bei einer Tasse Kaffee oder lesen ein Buch.

Der Werkhof hat im Hinterhof auch Halvers Annahmestelle für Elektroschrott in Form von Kleingeräten sowie Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen. Dafür stehen gesonderte Behälter bereit. Die Abgabe des Elektroschrotts erfolgt eigenständig und kostenlos an der Sammelstelle, die zu den Geschäftszeiten des Werkhofs (s. oben) erreichbar ist. Elektro-Großgeräte wie Herde, Kühlschränke, Waschmaschinen usw. werden alle vier Wochen abgeholt. Die Abholung kann übers Internet auf der Homepage der Stadt Halver beantragt werden und ist kostenlos.

Ebenfalls im Bereich des Werkhofs hat der im Mai 2017 neu gegründete mobile Pflegedienst Waldfriedenmobil ein Beratungsbüro. Das Büro ist unter der Rufnummer (02353) 6661179 erreichbar. Der Hauptsitz ist Zum Hälversprung 9, im Haus Waldfrieden, Rufnummer (02353) 6661170.

Die Stage-Halle im Werkhof

Die Stage-Halle im Werkhof ist Sitz des livemusikclub Halver e.V. und der Clubband „midlive“. Sie hat ein Fassungsvermögen von rund 150 Personen und enthält eine 25 m² (5 x 5 m) große, um 40 cm erhöhte Bühne. Lichttraversen und eine PA-Anlage gehören zur Ausstattung. Zudem ist die Halle rauchfrei, hat eine lichte Höhe von 3,50 m und ist barrierefrei. Auch die Eingangstore sind ebenerdig anfahrbar. Auch die Herren- und Damen-WC sind barrierefrei Im Catering Raum gibt es Getränke im Flaschenverkauf sowie einen eingeschränkten Snackverkauf. Der Raucherbereich befindet sich ausschließlich im Eingangsfoyer. Im Hinterhof sind ausreichend Parkplätze vorhanden.

Es geht somit also nicht nur um das Sozialkaufhaus Werkhof, das existenzbedroht ist, sondern auch um die Stage-Halle des livemusikclub Halver e.V., um die Elektroschrott-Sammelstelle der Stadt Halver und um das Informationsbüro von Waldfriedenmobil.

 

Kapitel 2: Aldi weg – Lidl will hinterher

Schon früh stand fest, dass Aldi einer der ersten war, die ins neue Einkaufzentrum auf dem Bahngelände ziehen würden. Damit war auch klar, dass Aldi seine Filiale in der Hagener Straße aufgeben würde. Doch Lidl reagierte nicht und ließ seine Chance ins Einkaufszentrum zu kommen verstreichen. Stattdessen wird das Schwesterunternehmen Kaufland dort angesiedelt. Doch damit kann Lidl offenbar nicht leben.

Lidl dackelt immer Aldi hinterher

Als in Halver die erste Aldi-Filiale in der Bahnhofstraße eröffnet wurde, bekam die Stadt kurz darauf auch die erste Lidl-Filiale. Diese öffnete in der gleichen Straße auf der gegenüberliegenden Straßenseite, praktisch unmittelbar dem Aldi gegenüber.

Dann kam der Tag, an dem Aldi aus der Innenstadt in den Außenbereich von Halver umsiedelte und einen Neubau in der Hagener Straße bezog. Lidl zog nach und bezog ebenfalls einen Neubau in der Hagener Straße. Und wieder: Genau dem Aldi gegenüber auf der anderen Straßenseite.

Dann kam das Jahr 2015. Der Bau des neuen Einkaufzentrums am ehemaligen Bahngelände trat in seine akute Phase. Schnell stand fest, dass der Aldi wieder in die Innenstadt kommt und einen der größeren Läden im neuen Einkaufszentrum am ehemaligen Bahnhof beziehen würde. Obwohl noch lange nicht die weiteren Läden alle feststanden, reagierte Lidl nicht. Und dann, nachdem die weiteren Ladenlokale im neuen Einkaufszentrum vergeben waren, da wollte Lidl plötzlich auch wieder in die Innenstadt – wieder in Aldi-Nähe. Doch die Chance im neuen Einkaufszentrum war vertan, die Ladenlokale alle vergeben. Die einzige Chance für Lidl in die Innenstadt und noch in annähernde Aldi-Nähe zu kommen ist das Wippermann-Gelände, auf dem sich das Sozialkaufhaus Werkhof befindet. Und da will Lidl nun mit aller Gewalt hin. Der „Kampf“ Profit gegen Sozial beginnt…

Lidl hat den Anschluss verpasst

Durch den Umzug der Aldi-Filiale von der Hagener Straße zum neuen Einkaufszentrum auf dem ehemaligen Bahngelände befürchtet der Discounter Lidl seit einiger Zeit größere Umsatzeinbußen in seiner Filiale in der Hagener Straße, die der ehemaligen Aldi-Filiale auf der anderen Straßenseite direkt gegenüberliegt. Darum möchte Lidl nun ebenfalls seinen Standort ändern und mit seiner Filiale aus der Hagener Straße in die Innenstadt ziehen. Im neuen Einkaufszentrum war jedoch keine Freifläche mehr, die groß genug dafür gewesen wäre. Darum suchte man bei Lidl nach einem neuen Standort und liebäugelt dabei mit dem Wippermann-Gelände hinter der Polizeistation, auf dem sich derzeit in den alten Wippermann-Werkshallen das soziale Kaufhaus Werkhof, die Stage Halle und die Elektroschrott-Annahme befinden. Eine andere Möglichkeit für den Discounter ist nicht in Sicht.

Im Fall, dass Lidl dort tatsächlich bauen würde, wäre das erste Opfer das Sozialkaufhaus Werkhof, bei dem vor allem die finanzschwachen Personen aus der Bevölkerung sich noch etwas leisten können. Dabei sei besonders an die Stichworte Altersarmut, Kinderarmut, Hartz-IV und Flüchtlinge gedacht. Immerhin bietet der Werkhof auch Beschäftigung für 42 Personen (waren im November 2016 auch schon einmal 59 Personen), die dann ebenfalls arbeitslos würden. Und im direkten Umkreis gibt es kaum etwas Vergleichbares wie den Werkhof. Er besitzt quasi so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal für Halver, hieß es bereits. Es wäre sicher ein großer, nicht ersetzbarer Verlust, wenn es in Halver den Werkhof nicht mehr geben würde – und dies nicht nur für Halver. Und: Brauchen wir in der Innenstadt einen fünften Discounter inmitten des Dreiecks Rewe, Netto sowie Kaufland und Aldi am Bahnhof? Und dann gibt es noch in Sichtweite von Rewe und Netto den Penny-Markt. Außerdem liegt die Stadt Halver nach der endgültigen Fertigstellung des Einkaufzentrums in Punkto Versorgung ca. 40 Prozent über dem Durchschnitt im Vergleich zu anderen Städten.

Zudem würde es ein deutlich erhöhtes Verkehrsaufkommen geben, womit ein Verkehrschaos vorprogrammiert ist. Schon jetzt ist nicht abzusehen, wie sich die Verkehrssituation nach Fertigstellung und Einweihung des neuen Einkaufszentrums im Bereich der Kreuzungspunkte Hagedornstraße und Frankfurter Straße (Ampelkreuzung) bis über die Einmündung Schützenstraße (Sackgasse ohne andere Ausfahrmöglichkeit) bis zur Einmündung der Thomasstraße in die Frankfurter Straße entwickeln wird. Und eine Zufahrt zwischen Schützenstraße und Thomasstraße zu einem weiteren Discounter würde das Verkehrschaos endgültig kollabieren lassen. Schon im September 2017 riefen Politiker von CDU und den Grünen deshalb auch nach einem neuen Kreisel anstelle der Ampelanlage im Kreuzungsbereich Frankfurter Straße, Hagedornstraße und dem Beginn der Umgehungsstraße.

Trotz Rechtsunsicherheit: Lidl beantragt Abrissgenehmigung

Die Situation ist rechtlich verworren und ziemlich unübersichtlich. Für die Wippermann-Flächen, um die es hier geht, gibt es nämlich zu diesem Zeitpunkt (November 2016) keinen gültigen Bebauungsplan. Damit ist der Paragraph 34 des Baugesetzbuches maßgeblich. In Absatz 1 ist dort geregelt, dass eine Bebauung unter bestimmten Umständen erfolgen kann. Dabei geht es in der Regel um einen Lückenschluss in einer vorhandenen Bebauung. Also nicht um einen großflächigen Discounter, noch dazu mitten in der Stadt. Falls der Märkische Kreis den Lidl-Plänen zustimmt, dürfte sich die Stadt Halver in ihrer Planungshoheit zutiefst verletzt sehen.

Trotz aller Bedenken, wurde zwischenzeitlich bekannt, dass für den Werkhof bereits ein Abrissantrag gestellt wurde. Die Stadt Halver hat, wie es hieß, ihr Einvernehmen dazu erteilt. Dabei handelt es sich allerdings lediglich um eine baurechtliche Frage, die nicht automatisch den Abriss des Gebäudes nach sich zieht. Nach der Rechtslage darf jeder einen Antrag auf eine Abbruchgenehmigung stellen – jedoch dies unbeschadet der Rechte Dritter. Demnach kann also jeder, auch wenn er kein Eigentümer des betreffenden Objektes ist, einen Abriss beantragen. Und dies sogar ohne Verfügungsgewalt über die Immobilie oder eigentums- bzw. mietrechtliche Aspekte, die dem gegenüberstehen. Letzteres bedeutet doch dann auch, dass, wenn Lidl dort neu gebaut haben sollte, jeder mündige Bürger einen Antrag auf Abriss des neuen Lidl-Marktes stellen kann – oder was?

Anfang März wurde dann bekannt, dass der Märkische Kreis einen möglichen Abriss des Werkhofs genehmigt habe. Ob sich Lidl mit seinem Vorhaben durchsetzen kann ist nach wie vor unklar und stößt auf erbitterten Widerstand der Stadt und der Bevölkerung, da dies auch das Ende des Werkhofs bedeuten würde. Sven Keller, Standortleiter des Werkhofs widersprach nach bekannt werden der Abrissgenehmigung des Kreises den kursierenden Gerüchten, dass man Lidl zuvorkommen wolle und bereits nach einem neuen Standort suche. Inzwischen hat der Discounter Lidl den Märkischen Kreis verklagt, weil die Entscheidung über den Werkhofabriss nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten erfolgte.

Lidl stellt Bauvoranfrage

Es steht fest, dass Lidl bereits schon im Jahr 2016 auch eine Bauvoranfrage bei der zuständigen Baubehörde im Lüdenscheider Kreishaus gestellt hat, doch bereits im Oktober 2015 hatte die Stadt Halver dem Kreis gegenüber allerdings ihr Einverständnis offiziell versagt. Das bedeutet, dass Lidl gegen den erklärten Willen der Stadt Halver dort bauen müsste. Das wiederum bedeutete, dass die Angelegenheit auf eine juristische Auseinandersetzung hinauslaufen könnte. Nach Informationen, die dem Allgemeinen Anzeiger zugetragen wurden, wie Florian Hesse berichtete (AA, 08.11.2016, „Bauvoranfrage beim Kreis: Darf Lidl in die Stadt?“), wurde kurz zuvor „ein Vermessungstrupp im Auftrage Lidls auf dem Wippermann-Gelände gesichtet“.

Nach Auffassung von Lidl ist der Filialneubau ein so genanntes 34er-Vorhaben. Das ist nach dem Baugesetzbuch § 34 eine Lückenbebauung, die sich am vorhandenen Bestand der unmittelbaren Umgebung orientiert. Die Stadt Halver sieht dies jedoch anders, da sowohl das neue Einkaufszentrum als auch Rewe weiter als 100 Meter vom betroffenen Standort des geplanten Lidl-Neubaus entfernt befinden. Deshalb müsse ein eigener Bebauungsplan aufgestellt werden. Für die Notwendigkeit eines Bebauungsplanes ist die Verkaufsfläche ab 800 m2 (= großflächiger Einzelhandel). Lidl liegt mit geplanten 1.300 m2 deutlich darüber.

Nun argumentiert Lidl, dass dem Werkhof 844 m2 ohne Bebauungsplan auf dem Gelände zur Verfügung stehen. Damit könne man einen großflächigen Einzelhandel an dieser Stelle in einem 34er-Gebiet als jahrelang genehmigt betrachten, Deshalb verlangt Lidl hier ebenso und damit gleichgestellt behandelt zu werden.

Lidl klagt beim Verwaltungsgericht und erhält Recht

In der ersten Maihälfte war zu erfahren, dass Lidl beim Verwaltungsgericht in Arnsberg eine „Untätigkeitsklage“ gegen den Märkischen Kreis eingereicht hat. Hintergrund der Klage war die Bauvoranfrage beim Märkischen Kreis, die nicht fristgerecht innerhalb von drei Monaten beschieden wurde. Die Stadt Halver wurde zum Prozess als Verfahrensbeteiligter zugelassen und wurde durch eine Fachanwältin vertreten.

Am 23. August 2017 berichtete Florian Hesse im Allgemeinen Anzeiger, dass das Verwaltungsgericht in Arnsberg der Klage Lidls in einem erstinstanzlichen Urteil Recht gegeben und gegen das Vorhaben keine Bedenken hat. Das ist eine juristische Niederlage gegen den Kreis und insbesondere gegen die Stadt Halver. Dieses Urteil ist definitiv keine Baugenehmigung. Sie bedeutet lediglich, dass sich nach Auffassung des zuständigen Richters das Vorhaben durchaus in die vorhandene Bebauung einfüge. Berücksichtigt wurden weder eine verkehrliche Erschließung noch die Notwendigkeit zusätzlicher Nahversorgungsflächen. Das Gericht forderte schließlich den Kreis auf, die Bauvoranfrage positiv zu bescheiden. Wie der Pressesprecher des Märkischen Kreises, Hendrik Klein, mitteilte, sei dies bislang nicht möglich gewesen, da die Stadt Halver bislang das Einvernehmen standhaft verweigert habe.

Dieses Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg war für mich endgültig der Auslöser eine Petition für den Werkhof ins Leben zu rufen. Dazu mehr in Kapitel 3. 

 

Kapitel 3: Bürger kämpfen für den Werkhof

Nachdem das Verwaltungsgericht Arnsberg gegen die Stadt und positiv für das Lidl-Bauvorhaben in erster Instanz entschieden und damit quasi auch die Souveränität der Stadt Halver unterlaufen hat, gehen jetzt die Bürger auf die Barrikaden. Kann es denn wirklich angehen, dass ein Gericht gegen die Interessen der Stadt und ihrer Bürger in eigentlich rein städtischer Angelegenheit entscheiden kann und darf?

Petition für den Werkhof

Als am 23. August 2017 im Allgemeinen Anzeiger der Bericht erschien, dass das Verwaltungsgericht in Arnsberg in erster Instanz entschieden hat, dass der Märkische Kreis die Bauvoranfrage von Lidl auf dem Wippermann-Gelände positiv für den Discounter bescheiden müsse, richtete ich spontan auf OpenPetition.de eine Petition gegen den profitorientierten Discounter Lidl ein. Links darauf, die ich anschließend in den beiden Halveraner Facebook-Gruppen postete, lösten einen wahren Sturm der Reaktionen aus. Mehr als 95 Prozent davon waren pro Werkhof abgefasst und die Petition wurde regelrecht im Minutentakt gezeichnet und massenhaft positiv für den Werkhof kommentiert.

Sowohl die unzähligen Reaktionen auf Facebook als auch mehr als 150 Mitzeichner der Petition schon in den ersten Stunden veranlassten auch Florian Hesse darüber am 24. August 2017 einen Bericht im Allgemeinen Anzeiger zu veröffentlichen (Lidl-Pläne bewegen die Halveraner“). Und auch das Lüdenscheider Onlineportal Guten-Tach.de berichtete am 27.08.2017 zum Thema und zu meiner Online-Petition („Werkhof gefährdet: Widerstand gegen Lidl-Pläne“). Das liest sich dann beispielsweise so: „Auch Halver bietet das Musterbild falscher Entscheidungen – zu Lasten seiner Bürger. … Dagegen wehren sich endlich die Bürger der Stadt. Wenn sie schon nicht durch die Stadtoberen gut vertreten werden können, dann müssen sie die Angelegenheit eben selbst in ihre Hände nehmen.“ Und Klaus Westensee, ehemals Pressesprecher der Schleifkottenbahn GmbH für das geplante SchienenTaxi, wird dort wie folgt zitiert: „Tatsache ist: Lidls Vorhaben stört die Sozialstruktur der Stadt – zugunsten kapitalorientierter Interessen.

Werkhof-Transparent am Lidl-Markt

Da staunten die Halveraner nicht schlecht, als am Sonntag dem 10.09.2017 plötzlich ein großes Transparent am Lidl-Markt hing und das Lidl-Emblem verdeckte. Auf dem riesigen Protestbanner war in großen Buchstaben zu lesen „Der Werkhof soll bleiben!“ Etwas kleiner stand dann noch darunter: „#Wir bleiben Ihnen treu“.

In einem Artikel dazu veröffentlichte AA-Journalist Florian Hesse auf der Zeitungshomepage come-on.de ein Foto des Transparents, welches ca. fünf Meter breit und zwei Meter hoch gewesen ist. Es war am Dach des Lidl-Markts befestigt und hing in einer Höhe von rund sechs Metern. Eine solche Aktion hatte in Halver wohl niemand erwartet. Sie zeigt einmal mehr ganz deutlich, wie verärgert der Großteil der Halveraner Bürger über den Discounter Lidl wegen dessen Werkhof-Abrisspläne ist.

Flüchtlingshilfe unterstützt Petition mit Unterschriftenlisten

Wie praktisch in jeder Stadt oder Gemeinde sind auch in Halver eine gewisse Zahl an Flüchtlingen, die entweder auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten oder nach einem positiven Bescheid ins deutsche Alltagsleben eingeführt werden müssen. Dabei leistet auch die Halveraner Flüchtlingshilfe einen großen Beitrag zur Integration. An einer Integration ist auch der Werkhof maßgeblich beteiligt – und zwar in zweierlei Hinsicht. Einerseits kann er Flüchtlingen eine Chance geben das deutsche Arbeitsleben in einem ersten Schritt kennen zu lernen und andererseits bietet er diesen Menschen eine günstige Möglichkeit zur Einrichtung ihres ersten Haushaltes mit Möbeln, Kleidung und Haushaltsgegenständen.

Besonders engagiert ist auch Diana Hutchinson bei der Flüchtlingshilfe. Als sie von meiner Petition für den Werkhof erfuhr, meldete sie sich spontan bei mir und wir überlegten, was man noch weiter machen könnte um auf das Dilemma aufmerksam zu machen und dem Werkhof dabei zu helfen und zu unterstützen. Neben Kontakten zur Heimatzeitung wurde auch mit dem WDR Kontakt aufgenommen. Vor allem aber war eine Unterschriftenaktion für die Petition angesagt. Zu dieser konnte auf der Petitionsseite ein Unterschriftsformular aufgerufen und ausgedruckt werden. Frau Hutchinson gelang es zahlreiche Bekannte zu animieren um sie bei der Unterschriftenaktion zu unterstützen. Diese wurde dann über mehrere Tage vor dem Werkhof durchgeführt, wobei sich die allermeisten Werkhofbesucher spontan zur Unterschrift bereit erklärten. Auch beim Herbstlichterlauf wurde aktiv für die Petition geworben und beim Halveraner Herbst, wo Frau Hutchinson mit ihren Mitstreitern beim Werkhof und am Stand der Flüchtlingshilfe aktiv war, kam eine wahre Flut an Unterschriften für den Werkhof zusammen.

Bis zum 11. Oktober 2017 konnten bereits 218 Unterschriftsbögen mit insgesamt 2.169 Unterschriften eingescannt und zur Petition hochgeladen werden. Nach dem Halveraner Herbst lagen auch in einigen Geschäften noch die Unterschriftenlisten aus. Um weiterhin rege Beteiligung wurde gebeten. Man konnte die Petition auch nach wie vor online mitzeichnen. Aber jeder nur einmal – online oder per Liste. Die Petition lief noch bis zum 22. November 2017. Bei den Unterschriftslisten konnte man seine Emailadresse eintragen, wenn man per Email auf dem Laufenden gehalten werden wollte. Dabei war unbedingt zu beachten, dass die Emailadresse in gut leserlichen Druckbuchstaben geschrieben wurde und dann auch das Kreuz im Feld hinter dem Satz „Ich möchte per E-Mail informiert bleiben.“  nicht vergessen wurde, denn ohne dieses Kreuzchen durfte die Emailadresse bei der Petition nicht eingetragen werden. Wenn sich also jemand wundert, warum er trotz Eintragung seiner Emailadresse nicht auf dem Laufenden gehalten wird, dann wird dies einen der folgenden Gründe haben:

  • Das Kreuzchen wurde vergessen und deshalb durfte die Emailadresse nicht weitergegeben werden.
  • Die Emailadresse war nur bedingt leserlich, so dass sich ein Fehler eingeschlichen hat, der eine Zustellung verhindert.
  • Die Emailadresse war völlig unleserlich angegeben und konnte gar nicht erst eingetragen werden.

Zu den 2.169 Unterschriften auf den Listen kommen (Stand 15. Oktober 2017, 15.20 Uhr) noch 825 hinzu, die die Petition online gezeichnet haben. Das sind dann insgesamt 2.994 Unterzeichner für den Werkhof, von denen 1.659 aus Halver kamen. Tatsächlich dürften es sogar um die 50 Halveraner mehr gewesen sein. Doch haben diese leider „vergessen“ ihren Wohnort einzutragen. Deshalb konnten diese nicht eindeutig  Halver zugeordnet werden. Statistisch gesehen hatten bis jetzt bereits rund 10 Prozent – oder jeder Zehnte – der Einwohner Halvers die Petition mitgezeichnet.

Werkhof lohnt sich

Pünktlich zum Halveraner Herbstlichterlauf wurde auch das Banner „Werkhof lohnt sich“ fertig. Auch dies ist eine Aktion von Diana Hutchinson und der Flüchtlingshilfe. Das Banner soll auf die ungewisse Zukunft des Werkhofs hinweisen und die Unterschriftenaktion unterstützen. Es wurde gegenüber der Einfahrt zum Werkhof an dem Gerüst befestigt, mit dem das dortige ehemals „blaue Haus“ derzeit eingerüstet war.

Das „blaue Haus" wurde inzwischen zum „roten Haus"  und das Gerüst ist wieder weg. Das Werkhof-Banner wurde daraufhin an die Straße, zwischen zwei Bäume, gespannt und ist immer noch ein deutliches Zeichen „Pro Werkhof“. Inzwischen wurde er jedoch entfernt, da er durch die Witterung und den Straßenverkehr doch zu stark gelitten hat.

Auch der WDR kam zweimal und berichtete im Radio und TV

Zwischenzeitlich war auch der WDR2 vor Ort und berichtete zum Fall „Lidl vs. Werkhof“ in seinen Nachrichten am 26. September 2017. Online war dann auf der WDR-Seite neben dem Nachrichtentext auch ein Bild mit dem Banner vor dem damals noch „blauen Haus“ abgebildet. Auch das WDR-Fernsehen zeigte noch Interesse an der Angelegenheit und es sollte da noch zu einem Bericht kommen.

Am 25. Oktober 2017 berichtete Florian Hesse im Allgemeinen Anzeiger bereits, dass bei der Petition schon mehr als 3.000 Unterschriften zusammengekommen waren, was dann allerdings leider doch zu diesem Zeitpunkt noch überschätzt war. Zudem war das WDR-Team für die Filmaufnahmen bereits vor Ort in Halver gewesen. Der WDR-Bericht wurde dann schließlich am Abend des 9. November 2017 in der „Lokalzeit Südwestfalen“ gezeigt. Nachdem das Video einige Tage auf der WDR-Homepage abrufbar war, wurde es inzwischen leider wieder aus dem Netz gelöscht, da Sendungen nach geltendem Recht nicht unbegrenzt online stehen dürfen, wie der WDR in einer Fehlermitteilung schreibt.

Ein herausragendes Ergebnis für die Petition

Am 22. November 2017 endete schließlich die drei Monate laufende Petition für den Erhalt des Halveraner Werkhofs. Sie war ein herausragender Erfolg – vor allem Dank der Hilfe und Unterstützung von Diana Hutchinson. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:

Insgesamt gab es 3.469 Stimmen für den Werkhof. Davon wurden 980 online abgegeben und 2.489 auf den Unterschriftslisten. Es waren sage und schreibe 256 Listen, von denen 252 von der Flüchtlingshilfe und Frau Hutchinson gesammelt wurden. 4 Listen (mit insgesamt 31 Stimmen) wurden durch Dritte hochgeladen. Von den gesamten Unterschriften kamen 1.917 aus Halver. Das sind deutlich mehr als 10 % der Halveraner Bürger. Das Quorum (Sammelziel) für eine Stadt der Größenordnung Halvers wurde von OpenPetition.de auf 390 Unterzeichner aus Halver festgelegt. Es war bereits wenige Tage nach Petitionsbeginn überschritten und entspricht tatsächlich fast dem fünffachen des ursprünglich erwarteten Sammelziels.

Die Petitionslisten wurden am 19. Dezember 2017 von Axel Ertelt und Diana Hutchinson im Beisein der Presse (Florian Hesse vom Allgemeinen Anzeiger) offiziell an Bürgermeister Michael Brosch übergeben. Damit hat dieser ein gutes Argument über die Meinung der Bürger in Händen. Hoffen wir, dass die Aktion etwas nutzt und somit erfolgreich war. Diana Hutchinson hatte zwischenzeitlich noch eine dreiseitige Unterschriftenliste aus einer Lüdenscheider Privatinitiative erhalten, die rund 50 weitere Unterstützer des Werkhofes enthielt. Diese übergab sie zusätzlich an den Bürgermeister.

 

Kapitel 4: Abriss vertagt?

Während des Halveraner Herbstes am Sonntag, dem 24. September 2017, hatte auch der Werkhof von 11.00 Uhr bis 18,00 Uhr geöffnet. Dadurch zeigte man im großen Stile Präsenz: Wir sind noch da! Eingeladen dazu wurde mit der Ankündigung eines Sektempfangs, mit dem man sich auch bei den Bürgern für den Rückhalt in der aktuellen Standortfrage bedanken wollte. Zudem wurden den Kunden Waffeln mit heißen Kirschen serviert und alle Hausratsartikel zum halben Preis verkauft.

Bebauungsplan und Veränderungssperre für das Wippermann-Gelände

Am Tag nach dem Halveraner Herbst (Montag, 25.09.2017) beschloss der Rat der Stadt Halver einstimmig und ohne jede weitere Debatte dazu den Bebauungsplan 48. Der betrifft den Bereich zwischen Frankfurter Straße und Hagedornstraße und somit auch das Wippermann-Gelände. Der Bebauungsplan ist zudem Grundlage für eine Veränderungssperre. Beides, Bebauungsplan und Veränderungssperre wurden sofort rechtskräftig. Damit will sich die Stadt Halver die Planungshoheit sichern. Zudem soll die Veränderungssperre verhindern, dass während der Planungsphase durch Bauanträge (z. B. von Lidl) vollendete Tatsachen geschaffen werden. Wesentliche Veränderungen auf den betroffenen Bereichen, wie auch Neubauten oder Abrisse von Gebäuden sind somit unzulässig.

Zu diesem Zeitpunkt war auch die Bauvoranfrage von Lidl noch nicht beschieden, da die Stadt gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg Beschwerde eingelegt hatte und dieses deshalb noch nicht rechtskräftig war. Zwar hatte das Verwaltungsgericht eine Berufung für nicht zulässig erklärt, doch ging die Stadt als „Beigeladene“ dagegen rechtlich beim Oberverwaltungsgericht in Münster vor.

Noch kein wirksamer Kauf – Werkhof-Bestand bis Ende 2018 gesichert

Ebenfalls Ende September sagte Bürgermeister Michael Brosch auf eine Frage von Stefan Heinrich, dem Geschäftsführer der Schleifkottenbahn, dass ihm in Sachen Wippermann-Gelände kein wirksamer Kauf und keine Beurkundung bekannt seien. Dieser Zustand hat sich offenbar bis in den Dezember 2017 hinein nicht geändert. Zudem erfuhren wir aus zuverlässiger Quelle, dass bis dato noch keine Gelder für einen Kauf geflossen sein sollen und damit eine Eigentumsübertragung auch noch nicht stattgefunden haben kann.

Ende November wurde bekannt, dass der Werkhof bislang noch keine Kündigung des Mietvertrags erhalten hat. Da es bei einer möglichen Kündigung einzuhaltende Fristen gibt, die in diesem Fall bereits verstrichen waren, sind der Mietvertrag und damit der Fortbestand des Werkhofs um (mindestens) ein Jahr gesichert. Das wäre dann bis zum 31.12.2018.

Auch in einem Interview des Allgemeinen Anzeigers zum Jahresende 2017 konnte Bürgermeister Michael Brosch noch nichts Konkretes zur Zukunft des Werkhofes sagen. Anders als zur Zukunft der Stage-Halle sitzen zur Zukunft des Werkhofs noch alle Beteiligten an einem Tisch. Letzteres hatte Bürgermeister Brosch auch bereits am 19. Dezember 2017 uns (Axel Ertelt, Diana Hutchinson und Florian Hesse) gegenüber bei der Petitionsübergabe erwähnt. Michael Brosch sieht dies als gutes Vorzeichen. Noch steht kein Lidl-Markt auf dem Gelände. Aber was 1918 wird, kann auch der Bürgermeister nicht sagen…

 

Kapitel 5: Auf der Suche nach einem Alternativ-Standort

Früher oder später muss mit einem Abriss des Werkhofs gerechnet werden, wenn Lidl von seinem Plan dort zu bauen nicht ablässt. Dies auch aus der Perspektive betrachtet, dass es sich Richter anmaßen in solchen Fragen (ob der Lidl-Markt sich ins Umfeld einfügen würde) über die Köpfe der betroffenen Kommunen und Bürger zu entscheiden. Also wird bereits seit längerem über einen Alternativ-Standort bzw. Ausweich-Standort für den Werkhof gesucht... 

Das Aus für die Stage-Halle

Bei der Stage-Halle scheint es schon ernster zu sein als sich dies beim Werkhof derzeit (Ende 2017) zeigt. Anfang November 2017 erklärte Matthias Kraus, Vorsitzender des Livemusikclub Halver e.V., dass keine Konzerte in der Stage-Halle mehr stattfinden würden, weil die Location für die Zukunft und weitere Veranstaltungen aus organisatorischen Gründen nicht mehr zur Verfügung stünde. Der Verein soll weiterhin bestehen bleiben und man habe bereits erste Ideen für die Zukunft. Doch wie es konkret weitergehen soll, ließ Matthias Kraus noch offen.

Stadt und Politik können nur versuchen zu vermitteln

Schon im September wies Bürgermeister Michael Brosch darauf hin, dass derzeit noch nichts entschieden sei. Noch säßen alle Beteiligten (Lidl, die Eigentümer des Wippermann-Geländes und die Stadt) an einem Tisch. Und so gibt er die Hoffnung nicht auf einen Kompromiss zu finden. Wie dieser aussieht kann zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht gesagt werden. Notfalls muss man über einen Ausweichstandort für den Werkhof nachdenken bzw. nach einem solchen suchen. Doch der müsste entsprechenden Platz haben und finanzierbar sein.

Auch die Halveraner Grünen unter Karl-Friedrich Osenberg berichteten in ihrer „Zeitung zur Bundestagswahl und zur aktuellen Kommunalpolitik“„Halver. Jetzt.“ zum Thema und forderten: „Ein alternativer Standort muss her“. Nach Osenberg, der als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Halveraner Stadtrat ist, muss man sich mit solchen Alternativen auseinandersetzen und einen neuen Standort finden. Doch wo dieser sein könnte, blieb auch von dieser Stelle erst einmal offen.

Alle suchen einen Alternativstandort – doch wo kann es funktionieren?

Alle bisher aus der Bevölkerung (z. B. bei Facebook) vorgeschlagenen Objekte kommen für den Werkhof nicht in Frage. Entweder sind sie zu klein (altes Aldi- oder Lidl-Gebäude in der Hagener Straße), praktisch nicht durchführbar (altes Aldi- und derzeitiges Lidl-Gebäude in der Hagener Straße) da sie durch eine Hauptdurchgangsstraße voneinander getrennt liegen, beim gemachten Vorschlag bereits abgerissen waren (Halver Rollen in der Hermann-Köhler-Straße) oder finanziell wegen zu hoher Sanierungs- und Umbauarbeiten viel zu teuer würden (ehem. Fabrik Jung/Boucke im Herpiner Weg). 

Für den Werkhof ist kein Alternativstandort in Sicht

Noch im März 2017 war man beim Werkhof in Halver über die Standortfrage recht zuversichtlich. Der Werkhofleiter Sven Keller wirkte damit den Gerüchten entgegen, die besagten, dass man bereits nach einem Alternativstandort suche. Und in den Anzeigen des Werkhofs hieß es dann eine ganze Zeitlang regelmäßig im oberen Bereich: „Wir haben weiterhin für Sie geöffnet“.

Doch am 21. September 2017 berichtete Yvonne Pfannschmidt in „Hallo Volmetal / Hallo Halver“, dass nach Aussagen des Halveraner Werkhofleiters Sven Keller bisher kein Alternativstandort in Halver gefunden werden konnte, nach dem man natürlich auch bereits geschaut habe. An keinem anderen Standort bietet sich ausreichend Platz für die benötigten Verkaufsräume, die Werkstätten und die Verwaltung. Immer wieder betont Sven Keller auch, dass man in Halver mit dem Werkhof gerne weitermachen möchte.

 

Kapitel 6: Neue Fakten außerhalb der Standort-Frage

Es gibt immer wieder Interessantes, Positives und Negatives, zum Werkhof oder zu Lidl zu berichten. Und dies unabhängig zur Konfrontation Lidl vs. Werkhof in Halver. Einige der wichtigsten bzw. auch medienaktivsten Aspekte sollen hier ergänzend dargestellt werden.

Lidl erneut in den Negativ-Schlagzeilen – mit Rohwurst aus Polen

Während sich die Afrikanische Schweinepest (ASP) rasant in Ost-Europa ausbreitet, was von den deutschen Schweinebauern mit größter Sorge verfolgt wird, bietet Lidl aktuell im Februar 2018 Wurst aus Polen an, obwohl die afrikanische Schweinepest zu diesem Zeitpunkt bereits im Norden Polens kursiert. Bekannt aus der Lidl-Eigenmarke „Kuljanka“ ist dabei vor allem auch das Produkt „Polnische Rohwurst“. Das stößt nicht nur den Schweinebauern in Deutschland bitter auf, denn diese polnische Wurst könnte infiziert sein und die Seuche auch bei uns auf verschiedene Art und Weise verbreiten. Ein negativer Aspekt von EU und Globalisierung. Wer wünscht sich da nicht die strengen Einfuhrkontrollen wie sie in Neu Seeland konsequent durchgeführt werden? Da käme polnische Rohwurst gar nicht erst ins Land.

„Am besten einen Haufen Gülle vor die nächste Lidl-Filiale kippen.“ So wird am 18. Februar 2018 der Wunsch manch eines deutschen Schweinebauern in den t-online-Nachrichten dargestellt (zitiert nach Angelopoulou, s. Quellenverzeichnis). Ein Wunsch, der durchaus nachvollziehbar ist, gefährdet Lidl doch nun auch in großem Maße die Gesundheit seiner Kunden. Lidl beruft sich bei seinem polnischen Wurst-Angebot auf EU-Richtlinien und -Vorgaben sowie den Aussagen des Verband der Fleischwirtschaft (VDF), nach denen angeblich kein Fleisch aus den von der Afrikanischen Schweinepest betroffenen Gebiete in den Handel kommen kann. Doch wer mag diesen Aussagen schon uneingeschränkt Glauben schenken, hört und liest man doch immer wieder dass es heute nahezu unmöglich ist die Herkunft eines Lebensmittels mit Sicherheit nachzuvollziehen.

„Wer tonnenweise Rohstoff einkauft, müsste Tausende von Schweinen prüfen, um absolute Sicherheit zu haben. Das wird nie gehen, es wäre auch zu kostenintensiv. Eigentlich dürfte ja auch gar nichts in die Lebensmittelkette gelangen, aber es passiert eben doch auch immer wieder.“ Das sagte der Veterinär Otto Hornstein vom Schweinegesundheitsdienst der Tierseuchenkasse in Baden-Württemberg zu diesem Problem (zitiert nach Angelopoulou, s. Quellenverzeichnis).

Finanzielle Schieflage des Werkhofs beseitigt

Am 13. und 14. Februar 2018 fanden Gespräche statt, die mitentscheidend für den Weiterbestand des Werkhofs waren. Gegenstand der Gespräche war allerdings eine finanzielle Schieflage, die nichts mit der Standortfrage und dem Discounter Lidl zu tun hatte. Schuld an der Finanzmisere, die den Weiterbestand des Werkhofs nun aktuell ebenfalls bedrohte, war der Wegfall der AGH-Maßnahmen durch die Agentur für Arbeit. Mit diesen Maßnahmen sollen Arbeitslose in Hartz IV wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden bzw. dafür eine bessere Voraussetzung bekommen. Indirekt förderte die Agentur für Arbeit damit auch die Anleiter des Werkhofs für diese Maßnahmen. Im März 2017 beendete die Agentur für Arbeit diese Maßnahmen jedoch. Um diese Verluste auszugleichen bot der Werkhof entsprechende Arbeitsmöglichkeiten und Integrationsförderung für Flüchtlinge. Die Stadt Halver sprang ein und vermittelte diese Flüchtlingsmaßnahme. Doch nun wurde bekannt, dass auch dies zukünftig nicht mehr möglich sein würde. Damit drohte dem Sozialkaufhaus Werkhof eine finanzielle Schieflage, für die dringend ein Ausweg gefunden werden musste.

Die Gespräche Mitte Februar fanden zwischen dem Jobcenter MK, der Geschäftsleitung des Werkhofs und der Stadt Halver statt. Die Ergebnisse, die dabei herauskamen waren mehr als erfolgreich und zufrieden stellend. Das Jobcenter sagte zu, die AGH-Maßnahmen im Werkhof wieder aufzunehmen und stellte dafür zehn bis zwölf AGHs in Aussicht. Das könnte bereits ab Ende März wieder möglich sein. Und auch die Flüchtlingsmaßnahmen könnten wieder möglich werden. Allerdings muss intern der Werkhof eine Umstrukturierung machen und den gemeinnützigen Bereich mit den Ein-Euro-Jobbern vom wirtschaftlichen trennen. Die Kunden werden allerdings von diesen internen Maßnahmen kaum etwas merken. Werkhof-Geschäftsführer Ralph Osthoff trat gleichzeitig auch den in Halver kursierenden Gerüchten entgegen, dass bereits Kündigungen für Mitarbeiter zum 1. Mai des Jahres und eine Kündigung der Räumlichkeiten ausgesprochen worden seien.

Trotz dieser guten Nachrichten bleibt ein fader Beigeschmack. Das alles passierte unabhängig zur Standortfrage, die spätestens dann wieder akut wird, wenn der Discounter Lidl ernst macht. Von daher waren auch die Artikelüberschriften im Allgemeinen Anzeiger sehr unglücklich gewählt. So titelte ein Hinweis zum Bericht im Lokalteil auf der Titelseite „Lösung für den Werkhof gefunden“ und der Bericht im Lokalteil mit „Rettung für den Werkhof: ‚Haben eine super Lösung’“. Das hatten viele, zumindest auf den ersten Blick, auf die Standortfrage bezogen. Doch dies war leider ein Fehlschluss…

Werkhof-Neustart nach Umstrukturierung

Die Umstrukturierung wurde bis Ende März erledigt und am 3. April 2018 gab es dann den „Neustart“ für den Werkhof, der nun auch wieder mit den AGHs arbeiten kann. Die größte Änderung, die dem Werkhofkunden wohl auffällt ist, dass es nun einen abgeteilten und ausgeschilderten Bereich gibt, in dem es speziell Angebote für Menschen mit einem Bedürftigkeitsnachweis gibt. Nur hier dürfen die AGHs arbeiten. Ein solcher Nachweis kann beispielsweise eine Bescheinigung vom Jobcenter oder eine Bestätigung über eine geringe Rente sein. So werden auch die Bedürftigen vor finanzstarken Käufern geschützt.

 

Kapitel 7: Ende gut – alles gut?

Lidl macht Rückzieher

Es schlug fast wie eine Bombe ein, als am 12. April 2018 Sarah Reichelt im Allgemeinen Anzeiger verkündete: „Lidl ändert Standortpläne … Konflikt beendet“. Das war bis dato wohl die beste Nachricht des Jahres. Pressesprecher von Lidl hatten mitgeteilt, dass man den Standort des Wippermann-Geländes „auf Eis gelegt“ habe. Nun sucht Lidl einen Alternativstandort. Doch im näheren Umfeld zum neuen Einkaufszentrum am ehemaligen Bahngelände sieht es schlecht aus. Die Aldi-Nähe bleibt also erst einmal für Lidl verloren. Mehr dazu auch auf „come-on.de“.

Nach offizieller Aussage in einer entsprechenden Pressemitteilung von Lidl ist sich der Discounter seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Wie es weiter heißt wäre es für Lidl immer von Interesse gewesen, dass der Werkhof in Halver bestehen bleiben könne. Da trotz Zusammenarbeit mit der Stadt Halver kein alternativer Standort für den Werkhof gefunden werden konnte, kam es nun zum Rückzieher seitens des Discounters. Viele Halveraner sehen in diesen Äußerungen allerdings nur eine Art „Alibifunktion“, mit der Lidl sein Gesicht wahren will.

Zum aktuellen Lidl-Entschluss dürfte dann wohl auch maßgebend unsere Petition beigetragen haben, bei der fast 3.500 Unterschriften zusammenkamen. Allein mehr als jeder zehnte Halveraner Bürger hatte sich an der Aktion für den Werkhof beteiligt. Am 15. April 2018 feierte dann Diana Hutchinson mit ihren Mitstreiterinnen (Melissa Scholz, Barbara Richardson und Elaine Korus-Basel) bei der Unterschriftenaktion für die Petition mit einem kleinen Umtrunk den Erfolg für das Sozialkaufhaus. Dazu postete Melissa Scholz am 16. April in der Facebook-Gruppe „Du bist Halveraner, wenn“„du weißt, dass wir gestern auf euch angestoßen haben! Eure Stimmen haben gezählt, wurden gehört und so kann Demokratie funktionieren! Vielen Dank an Axel Ertelt, der die Petition ins Leben gerufen hat, Belle Constantin, die das "Werkhof lohnt sich" Transparent gespendet hat, Florian Hesse, der ausführlich im Allgemeiner Anzeiger berichtet hat, Ivo Dubiel, unser Mann für alles und … weitere Halveraner, die mit ihrer Unterschrift gezeigt haben, welchen Stellenwert der Werkhof in unserer Stadt hat. DANKE!“

Bleibt zu hoffen, dass es auch tatsächlich hierbei bleibt und Lidl nicht irgendwann einmal einen neuen Versuch in Sachen „Wippermann-Gelände“ startet…

Im Sommer 2020 hat die Stadt Halver schließlich das Wippermanngelände, auf dem auch der Werkhof steht, gekauft. Das Weiterbestehen des Werkhofs ist damit gesichert. Darüber waren sich alle Parteien auch in ihrer Wahlpropaganda zur Kommunalwahl am 13. September 2020 einig. Geplant ist auf dem Gelände außerdem auch ein Kreativzentrum.

 

Kapitel 8: Neuer Standort für Lidl

Neubau und Umzug zum Herpiner Weg

Der Discounter Lidl hat 2019 ein Grundstück in Halver gefunden, auf dem er sich neu niederlassen kann. Anvisiert war der Herpiner Weg, genauer gesagt das ehemalige Fabrikgelände der Firma JungBoucke und gegebenenfalls das davor liegende Grundstück bis zur Ampelkreuzung Frankfurter Straße. Die Stadt Halver wollte Lidl dann den Weg zum Umzug an den Herpiner Weg freimachen. Die Verträge hierfür wurden vorbereitet und sollten noch im Jahr 2019 beurkundest werden (Stand Anfang November 2019). Allerdings musste auch noch ein Bebauungsplan für den Bereich des Herpiner Weg erstellt werden. Dies wurde zunächst Thema am 20.11.2019 im Ausschuss für Planung und Umwelt und danach auch am 02.12.2019 im Rat der Stadt.

 

Bei dem noch aufzustellenden Bebauungsplan und der Änderung des Flächennutzungsplanes ging es um eine Gesamtfläche von 2,17 Hektar (= 21.700 m²). Der Planbereich geht von der Kreuzung des Herpiner Weg zur Frankfurter Straße/Hagedornstraße bis zur Kreuzung Howarde/Zum Hälversprung. Damit ist das gesamte ehemalige JungBoucke-Betriebsgelände inbegriffen, in dem sich Lidl am oberen Ende (zur Frankfurter Straße) niederlassen will. Die Änderungen des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans lagen von Ende Juni 2020 bis Ende Juli 2020 öffentlich aus. Da Bürgerversammlungen wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnten, wurde die Chance der Bürger für Anregungen dazu leider (wohl auch in Mangel einer Kenntnis dazu) nicht genutzt.

 

Der Ansiedlung des Discounters Lidl am Herpiner Weg, im Kreuzungsbereich zur Landesstraße 528 (Umgehungsstraße), steht dann im Oktober 2020 prinzipiell nichts mehr im Weg. Nach der Umsiedlung wird dann auch die Lidl-Filiale in der Hagener Straße (nach der ehemals dort auch ansässigen Aldi-Filiale und Getränke Hoffmann; vormals Dursty) zum Leidwesen so mancher dortigen Anwohner geschlossen. Der Rat der Stadt Halver verabschiedete bereits am Montag (05.10.2020) sowohl den Flächennutzungs- als auch den Bebauungsplan für dieses Gelände einstimmig. Nicht einig war man sich bei der Gestaltung der als „Betonwüste“ geplanten Parkplätze, die vor allem nach Meinung der Grünen begrünt werden müssen. Außerdem sei die geplante Breite der einzelnen Stellplätze ungenügend und vor allem Familien- und Seniorenfeindlich. Auch regte Uwe Leinung (Grüne) die Installation von Ladesäulen für E-Autos und die Platzierung einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach an. Bürgermeister Michael Brosch versicherte die Vorschläge an den Investor heranzutragen. Kämmerer Markus Tempelmann äußerte sich bezüglich breiter angelegter Stellplätze recht zuversichtlich.

 

In der Presse wurden Einwände von Uwe Leinung (Grüne) zum geplanten Lidl-Parkplatz erwähnt. Dazu schrieb Axel Ertelt in einem Leserbrief an den Allgemeiner Anzeiger: „Eine Begrünung im angemessenen Rahmen ist OK, aber meiner Meinung nach nicht das Hauptproblem, denn Grünflächen kann man besser separat und nicht auf einem Parkplatz realisieren. Dazu müssen vor allem unsere Grünflächen wie Parks, insbesondere auch der Rathauspark, erhalten bleiben, saniert werden und danach natürlich insbesondere auch gepflegt werden! Die Folge ist natürlich auch nicht mit Gewalt jede kleine Freifläche zu bebauen, sondern solche auch als Grünflächen zu erhalten oder einzurichten. Die Breite, die einzelnen Parkflächen auf Parkplätzen zugestanden werden ist tatsächlich in aller Regel viel zu gering. Da haben wohl die Planer in der Planung schlichtweg versagt. Das ist überall zu sehen: am neuen Einkaufzentrum am Bahngelände genauso wie beim Parkplatz bei Rewe – Ihr Kaufpark. Deshalb werden die Markierungen nur selten eingehalten und oft genug stehen dort Fahrzeuge mittig auf zwei Parkplätzen. Es gibt nicht nur Kleinwagen, sondern auch größere Fahrzeuge und insbesondere die Fahrzeuge mit nur zwei Türen haben auch größere Türen, die beim Öffnen mehr Platz benötigen. Nicht jede, sondern nur die allerwenigsten Familien können sich zum Einkaufen einen Kleinwagen als Zweitwagen leisten (Alters- und Kinderarmut in Deutschland lässt grüßen!). Da sollten die entsprechenden Planer mal ihren Tunnelblick ablegen und die Realität sehen, zumal einige Autofahrer(innen) schon aus Angst einen Parkraum von mehr als einer Mini-Parkbucht benötigen. Dies bitte ich die Politik und Verwaltung bei ihren Genehmigungen ebenfalls zu berücksichtigen – im Interesse der Bürger, für die sie ja handeln (sollen).“

 

Im September 2021 musste der Bebauungsplan zum Herpiner Weg öffentlich neu ausgelegt werden und ging in eine Extra-Runde. Der Anlass dafür waren die Bedenken eines Anwohners, der im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gefordert hatte den erforderlichen Schallschutz ebenfalls mit in den Bebauungsplan aufzunehmen. Gutachterliche Einschätzungen dazu wurden nun ebenfalls mit in den Plan eingefügt um ihn rechtssicher zu machen. Zuvor war die Fläche als Baufläche für Gewerbe eingesetzt, jetzt wurde sie aufgeteilt in eine Sonderfläche für den Lebensmittelmarkt und zwei Gewerbeflächen. Zudem beschloss der Planungsausschuss, dass nach der Lidl-Umsiedelung die alte Fläche in der Hagener Straße (zum Leidwesen der dortigen Anwohner) nicht mehr für den Einzelhandel zur Verfügung stehen soll. Die Neu-Ansiedelung eines möglichen anderen Discounters ist damit zum Leidwesen vor allem älterer Anwohner endgültig vom Tisch.

 

Insgesamt sind bei dem Lidl-Bauvorhaben 200 Stellplätze vorgesehen. Der Bebauungsplan sieht pro 15 Stellplätze einen Baum vor. Uwe Leinung (Grüne) wollte auf der Ausschusssitzung dazu wissen, warum man in diesem Pinkt nicht der Stellungnahme des Märkischen Kreises nachgekommen sei, die einen Baum pro zehn Stellplätze vorsah. Kämmerer Markus Tempelmann schlug vor eine Mehrbegrünung im privatrechtlichen Erschließungsvertrag mit dem Investor festzulegen. Doch damit kam er mehrheitlich nicht durch. Martina und Andreas Hesse (beide CDU) drängten darauf dies im Bebauungsplan festzuschreiben und erhielten dabei Unterstützung von Dr. Sabine Wallmann (UWG) und Martin Kastner (SPD).

 

Mit dem Abschluss der erneuten Offenlage im November 2021 war, wie es hieß, der Weg frei für die Ansiedlung des Discounters Lidl im Herpiner Weg. Immissionsrechtliche Einwände wurden inzwischen ausgeräumt. Kämmerer Markus Tempelmann, der zum 1. Januar 2022 nach Paderborn wechselt, war zuversichtlich, dass Lidl den Bauantrag noch im Jahr 2021 stellen würde. Doch so ganz schien dann immer noch nicht alles „in trockenen Tüchern“ zu sein. Erst Ende Februar 2022hieß es dann, dass mit der Bekanntmachung der „23. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Halver, Bebauungsplan Nr. 50, Herpiner Weg“ auf planungsrechtlichem Weg der letzte Schritt erfolgt sei, damit sich Lidl hier ansiedeln kann. Wann dies sein wird steht noch nicht fest. Darüber will Lidl keinerlei Auskunft geben solange die Baugenehmigung noch nicht vorliegt.

 

Ursprünglich war die Gesamtfläche als Gewerbefläche ausgewiesen. Dies wurde zwischenzeitlich geändert. Jetzt i8st sie in eine Sonderfläche für den Lebensmittelmarkt (Lidl) und in zwei Gewerbeflächen eingeteilt. Ansiedeln will sich dort die Firma Flora Wilhelm Förster GmbH aus Schmidtsiepen, der der alte Standort zu klein geworden ist. Die Firma stellt Gartenwerkzeuge und -zubehör her, beschäftigt derzeit rund 35 Mitarbeiter und hat eine fast 150jährige Tradition. Sie will in die hinteren Hallen der ehemaligen Firma Jung/Boucke einziehen. Geschäftsführer Dr. Tobias Förster hofft, bereits 2023 dort einziehen zu können.

 


Quellen- und Literaturverzeichnis

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Allgemeiner Anzeiger: „Neustart ab Dienstag für den Werkhof“; Allgemeiner Anzeiger, 31.03.2018
Allgemeiner Anzeiger: „Lidl will nicht mehr aufs Wippermann-Gelände“; Allgemeiner Anzeiger, 12.04.2018
Allgemeiner Anzeiger: „Der versteckte Multimilliardär“; Allgemeiner Anzeiger, 24.09.2019
Allgemeiner Anzeiger: „50 Millionen von Lidl reichen Bauern nicht“; Allgemeiner Anzeiger, 05.12.2020
Allgemeiner Anzeiger: „Lidl macht Schweinefleisch wieder billiger“; Allgemeiner Anzeiger, 05.02.2021
Allgemeiner Anzeiger: „Lidl nun auch in Estland“; Allgemeiner Anzeiger, 04.03.2022
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Hesse, Florian: „Kommentar: Mehr als ‚nur’ ein Sozialkaufhaus“; Allgemeiner Anzeiger, 08.02.2018
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Hesse, Florian: „Stadt macht den Weg für Lidl frei“; Allgemeiner Anzeiger, 09.11.2019

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Hesse, Florian: „Lidl-Planung überarbeiten“; Allgemeiner Anzeiger, 11.09.2021

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Hesse, Florian: „Weg frei für Lidl und Firma Flora“; Allgemeiner Anzeiger, 25.02.2022

Livemusikclub Halver e.V.: „Stage-Halle im Werkhof“www.livemusikclub.de, [13.09.2017]
Mais, Alex: „Discounter will Sozialkaufhaus platt machen“; OnlineZeitung24, 25.08.2017
Pfannschmidt, Yvonne: „Werkhof-Abriss wäre eine Katastrophe“; Hallo Volmetal / Hallo Halver, 21.09.2017
Reichelt, Sarah: „Lidl ändert Standortpläne“www.come-on.de, 11.04.2018
Reichelt, Sarah: „Lidl ändert Standortpläne“; Allgemeiner Anzeiger, 12.04.2018
Ruthmann, Det: „Stadt kauft Grundstück: Werkhof gerettet“; Allgemeiner Anzeiger, 11.07.2020
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Scholz, Melissa: Posting auf Facebook, 16.04.2018
WDR: „Sozialkaufhaus in Halver soll Discounter Weichen“WDR2 Radio, 26.09.2017
WDR: „Werkhof Halver droht Schließung“; WDR TV, Lokalzeit Südwestfalen, 09.11.2017
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Witzel, Julian: „Lidl hat freie Fahrt - Discounter baut neue Filiale im MK“www.come-on.de, 10.10.2020

 

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